Rechte & Pflichten im Pflegedienst

Ausgabe 07/24 vom 16.02.2024 Care Konkret - Unternehmensleitungen benötigen viel Fingerspitzengefühl, um zu gewährleisten, dass Mitarbeitende zwar ihren Pflichten nachkommen, aber nicht vom Arbeitgeber ausgenutzt werden.

In meiner Rolle als Geschäftsführer eines Pflegedienstes stehe ich täglich vor der Herausforderung, die Balance zwischen Recht und Pflicht in der Altenpflege zu wahren. Diese Thematik spiegelt sich in verschiedenen Aspekten unseres Alltags wider und ist zentral für die Schaffung einer gerechten und effektiven Pflegeumgebung.

Die Verpflichtung zum Einspringen: Ein unvermeidlicher Aspekt der Pflege

In der Altenpflege ist es oft unumgänglich, dass Pflegekräfte im Krankheitsfall für Kollegen einspringen. Dies zeigt die unmittelbare Notwendigkeit, Patienten kontinuierlich zu versorgen. Während in anderen Berufen, wie beispielsweise in Verwaltungen, Arbeit verschoben werden kann, ist dies in der Pflege nicht möglich. Das Einspringen ist daher nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Ausdruck der Verantwortung gegenüber den Patienten. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass diese Bereitschaft nicht ausgenutzt wird. Im Rahmen unseres Projekts "Menschenlieb" erarbeiten wir objektive Parameter, um den Breakeven zwischen der Pflicht zum Einspringen und der Ausnutzung durch den Arbeitgeber zu bestimmen.


Individuelle Arbeitsbedingungen und Gleichberechtigung

Die Schaffung individueller Arbeitsbedingungen in der Altenpflege ist eine komplexe Herausforderung. Als Arbeitgeber ist es unser Ziel, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die sowohl den Bedürfnissen unserer Mitarbeiter als auch den Anforderungen des Pflegeberufs gerecht werden. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Flexibilität der Arbeitszeiten. Wir bieten zum Beispiel spezielle "Mütter- oder Vatertouren" an, die erst nach 08.00 Uhr beginnen, um Eltern entgegenzukommen. Solche Maßnahmen ermöglichen es unseren Mitarbeitern, Beruf und Familienleben besser zu vereinbaren.

Ebenso wichtig ist die Anpassung der Arbeitsbelastung an das Alter und die Gesundheit der Mitarbeiter. Mitarbeiter eines bestimmten Alters oder mit gesundheitlichen Einschränkungen erhalten die Möglichkeit, weniger Wochenenden zu arbeiten. Diese Anpassungen erfolgen transparent und basieren auf klar definierten Kriterien, sodass jeder Mitarbeiter die Möglichkeit hat, diese Privilegien zu nutzen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Gleichzeitig erwarten wir von unseren Mitarbeitern, dass sie sich melden, wenn sie bestimmte Privilegien nicht mehr benötigen, sodass diese anderen Teammitgliedern zur Verfügung gestellt werden können.

Anerkennung der Profession: Über das Empathische hinaus

Ein weiteres wesentliches Recht der Pflegekraft ist die Anerkennung ihrer Professionalität. Häufig werden Pflegekräfte aufgrund ihrer empathischen Eigenschaften definiert, doch es ist an der Zeit, dass sie, ähnlich wie andere Berufe, auch nach ihrer fachlichen Expertise beurteilt werden. Das Pflegekompetenzgesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig müssen sich Pflegekräfte der Verantwortung und Pflicht bewusst sein, die mit dieser Expertise einhergeht.

Zusammenarbeit von ungelernten und gelernten Fachkräften

Die Zusammenarbeit von ungelernten und gelernten Fachkräften in der Pflege stellt eine besondere Herausforderung dar. Als Arbeitgeber ist es unsere Pflicht, eine Basis zu schaffen, auf der alle Mitarbeiter – unabhängig von ihrem Ausbildungsgrad – effektiv zusammenarbeiten können. Dabei spielt eine gute Einarbeitung eine entscheidende Rolle.

 

Eine unzureichende Einarbeitung kann gravierende Folgen haben. Ungelernte Kräfte, die nicht angemessen eingearbeitet werden, fühlen sich oft überfordert und unzureichend vorbereitet. Dies kann nicht nur zu einer hohen Fluktuation führen, sondern auch zu einer negativen Wahrnehmung des Pflegeberufs in der Öffentlichkeit. Personen, die den Pflegeberuf aufgrund einer schlechten Einarbeitung wieder verlassen, verbreiten häufig eine negative Erfahrung. Diese „schlechte Werbung“ für den Beruf kann potenzielle Bewerber abschrecken und somit den bereits bestehenden Fachkräftemangel in der Pflege verschärfen.

Die Investition in eine umfassende Einarbeitung und regelmäßige Supervisionen ist daher nicht nur ein Recht der Mitarbeiter, sondern auch eine Investition in die Zukunft des Pflegeberufs. Eine gut durchgeführte Einarbeitung trägt zur Zufriedenheit der Mitarbeiter bei, verbessert die Qualität der Pflege und fördert ein positives Bild des Berufs in der Öffentlichkeit.

 

Es ist daher essenziell, dass Maßnahmen zur Einarbeitung und Weiterbildung besser refinanziert werden. Eine angemessene Refinanzierung würde es ermöglichen, mehr Zeit und Ressourcen in die Einarbeitung und kontinuierliche Weiterbildung zu investieren. Dies würde nicht nur die Qualität der Pflege verbessern, sondern auch dazu beitragen, den Pflegeberuf als attraktive und respektierte Karriereoption zu etablieren.

Insgesamt betrachtet, ist die effektive Einarbeitung von ungelernten und gelernten Fachkräften ein entscheidender Faktor für die Stärkung des Pflegeberufs und die Verbesserung der Pflegequalität. Als Arbeitgeber haben wir die Verantwortung, diese Herausforderung anzunehmen und für eine solide Grundlage in der Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter zu sorgen.

 

Um die Pflege in Deutschland zu stärken, reicht es nicht aus, nur die Gehälter zu erhöhen. Wir müssen die Pflegeteams begleiten und für gute Arbeitsbedingungen sorgen. Dazu gehört auch, dass Mitarbeiter außerhalb der Patientenversorgung Zeit für Teamgespräche, Supervisionen und Fallbesprechungen haben. Wir möchten dies in unserem Projekt umsetzen. Gleichzeitig bedarf es einer angemessenen Refinanzierung und der finanziellen Freiheit, innovative Projekte umzusetzen. Letztendlich haben wir alle, als Pflegekräfte, Arbeitgeber, Kassenvertreter und Politiker, die Pflicht, unsere Patienten bestmöglich zu versorgen.